Ebbe und Glut by Katharina Burkhardt

Ebbe und Glut by Katharina Burkhardt

Autor:Katharina Burkhardt [Burkhardt, Katharina]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: neobooks Self-Publishing
veröffentlicht: 2013-08-09T22:00:00+00:00


19

Es war eine haltlose Zeit, in der erdrutschartig alles im Bodenlosen versunken war.

Später wurde Mia klar, dass die Anzeichen für die nahende Katastrophe direkt vor ihren Füßen lagen, aber sie hatte sie einfach ignoriert. Sie übersah die Warnungen in der Agentur ebenso wie die Vorboten zuhause. Die unzufriedene Stimmung ihrer Chefs ihr gegenüber schob sie auf den Stress, den ein großes Projekt erzeugte, bei dem ziemlich viel schief ging. Und dass Frank und sie kaum noch Zeit miteinander verbrachten, lag nur an seinen merkwürdigen, besitzergreifenden Freunden.

Es verging fast kein Abend, an dem Rocco Paletti nicht bei ihnen herumlungerte, wenn Mia müde und erschöpft nach Hause kam und sich nach ein paar stillen, gemütlichen Stunden mit ihrem Mann sehnte. Allmählich verspürte sie einen gewissen Groll gegen Rocco.

»Hast du kein eigenes Zuhause?«, fragte sie ärgerlich. Rocco saß auf ihrem Sofa, die Füße auf ihrem Couchtisch, neben sich eine Flasche Cola, die sie gekauft hatte, und guckte Grey's Anatomy. Frank hockte seit Stunden mit Schmiddel im Arbeitszimmer am Computer und bastelte für ihn ein Banner für sein neues Blog.

»Doch.« Rocco grinste breit. »Aber da ist es nicht so gemütlich wie hier.«

»Das liegt vermutlich daran, dass du keine so nette Putzfrau hast wie Frank, die deinen ganzen Müll wegräumt.« Ärgerlich leerte Mia den übervollen Aschenbecher und trug ein paar leere Flaschen in die Küche. Ordnung war ständig ein Diskussionspunkt zwischen ihr und Frank.

»Da irrst du dich, meine Liebe«, erklärte Rocco ernsthaft. »Ich bin ein sehr ordentlicher Mensch.«

Mia musste zugeben, dass seine Wohnung, in der er allein lebte, nicht nur sehr geschmackvoll eingerichtet war, sondern tatsächlich auch immer sauber und aufgeräumt aussah. Aber das lag vermutlich nur daran, dass Rocco Paletti, der in einem früheren Leben auf den Namen Ralf Becker getauft worden war, nie zuhause war, sondern seinen Müll lieber in den Wohnzimmern anderer Leute fallen ließ.

»Was macht dein Roman?«, fragte Rocco unvermittelt, als Mia sich in einen Sessel setzte.

»Der wächst und gedeiht.« Sie riss eine Chipstüte auf. »Wenn es so weiter geht, bin ich Weihnachten fertig.«

»He, das ist ja großartig! Du solltest unbedingt möglichst bald ein Exposé schreiben und es an ein paar Agenten schicken. Die brauchen eh immer ewig, bis sie sich zurückmelden. Ich kann dir dabei helfen, wenn du willst.«

Rocco wirkte ehrlich interessiert, und Mia war ein wenig versöhnt. Er hatte ihr tatsächlich bereits einige gute Tipps zum Schreiben gegeben. Und er hatte sie, genau wie Frank, dazu ermutigt, Stunden in ihrem Job zu reduzieren. Seit einem Monat arbeitete sie nur noch dreißig Stunden pro Woche in der Agentur, den Rest der Zeit verbrachte sie mit ihrem Roman – mehr oder weniger jedenfalls. Sie hatte nicht geahnt, wie viel Disziplin es erforderte, aus eigenem Antrieb an einem so großen Projekt zu arbeiten.

Schmiddel setzte sich zu Rocco aufs Sofa.

»Und, hat Frank dir was Schönes gebastelt?«, fragte Rocco.

»Ja, ist super geworden«, sagte Schmiddel, nahm Rocco die Colaflasche aus der Hand, trank einen Schluck und stierte stumm auf den Fernseher. Schmiddel redete nie viel. Vielleicht mochten ihn all seine selbstverliebten Freunde deshalb so gern. Er machte ihnen ihr Gerangel um Aufmerksamkeit nicht streitig.



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